EINFÜHRUNG IN DEN FRÜHBUDDHISMUS

LANOO (Christian Anders)
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Nilakantha Agni
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EINFÜHRUNG IN DEN FRÜHBUDDHISMUS

Beitrag von Nilakantha Agni »

EINFÜHRUNG IN DEN FRÜHBUDDHISMUS

LANOO (CHRISTIAN ANDERS)
– Lektoriert von Dr. Bernd A. Weil –

Der Buddhismus teilt das Schicksal aller anderen Religionen. Er hat sich verändert, teils durch Interpreta-tion, teils durch Missverständnisse und auch durch Fehlübersetzungen in andere Spra¬chen. Der Zweck dieses Lehrganges ist es, den URSPRÜNGLICHEN oder Frühbudd¬hismus wieder ins Leben zu rufen. Dies ge¬schieht in meinen Büchern DER SINN DES LE¬BENS, NIRVANA, Teil 1 und 2. Der Lehrgang soll dazu beitragen, das Interesse an diesen Büchern zu wecken, auf dass die Botschaft des Buddha wie-der so verkün¬det wird, wie der Buddha es gemeint hatte. Die ursprüngliche Lehre des Buddha war so ein-fach, dass sogar ein gewöhnlicher Kuhhirte sie damals verstand und sofort erleuchtet wurde. Sie lautet in einem einzigen Satz: Wie du säst, so wirst du ernten, LEBEN FÜR LEBEN. Und auch: Was auch immer du als vergänglich wahrnimmst, kannst DU nicht sein, kann dein SELBST nicht sein, sonst würdest du gar nicht die Verände¬rung wahrnehmen. Also lehrte der Buddha: ‘LASS LOS, WAS DU NICHT BIST! ‘ Oder gehe zumindest in rechter Weise mit dem um, was du essenziell nicht bist, sondern was nur BEI-LEGUNGEN von dir sind, also Körper, Gefühl, Denken, Seele und auch der so geliebte und geschätzte Geist. All dies, so sagt der Buddha, bist du NICHT. Das ist anatta, oder NICHT dein Selbst. Darum nannte der Buddha diese Lehre ANATTA-Lehre. Der Buddha lehrte also nicht, was der Mensch IST, sondern was er NICHT ist, damit das SELBST mit dem NICHT-SELBST, also mit dem, was es essenziell NICHT ist, besser um¬gehen könnte.
Wie es nun geschehen konnte, dass aus „ist nicht das Selbst“ „ohne Selbst“ und „es gibt kein Selbst“ wer-den konnte, das wird im Folgenden beschrieben.

Wie konnte es geschehen, dass die Lehre des Buddha so entstellt wurde, dass selbst große Denker sie nicht verstanden und darum auch falsch lehrten?
Die Antwort darauf ist Folgende:
Nach dem Tode des Buddha um 483 v. Chr. wurden seine Reden und Aussprü¬che, welche sich seine Mön¬che nach vedischer Art wortgetreu ins Gedächtnis ge¬prägt hatten, von Mund zu Mund weitergege-ben. Man ordnete die heiligen Texte oder Sutten auf mehreren Konzilen in Gruppen oder Nikayas und fasste sie in Körbe oder Pitakas zusammen und zwar in den Korb der Reden oder Suttapitakam und den Korb der Or¬densregeln oder Vinayapitakam. Später fügte man als eine selbstständige Weiterbildung das Abhidhamma¬pitakam hinzu, den Korb der Scholastik. Damit war der „Dreierkorb“, das Tipitakam, per-fekt. Dieser Dreier¬korb ent¬hielt die Gesamtheit der Lehre des Buddha, jedoch bis dahin immer noch in wörtlicher, nicht nieder¬geschriebener Form. Somit kann man also mit guter Gewissheit sagen, dass das Tipita¬kam, der Dreierkorb, die Lehre des Buddha richtig wiedergibt. Nun ent¬stand, und zwar gleich nach dem Tode des Buddhas, eine Interpretation seiner Lehre unter dem Namen Atthakatha, welches so viel be¬deutet wie „Erklä¬rung des Sin¬nes“. Diese NEUE Lehre erklärt den Sinn je¬doch völlig falsch. Aus „Al-les (Erkennbare!) ist NICHT das Selbst“ wurde „Alles ist OHNE Selbst“. Diese Interpretation versetzte der Botschaft des Buddhas einen schweren Schlag, von dem er sich bis heute noch nicht erholt hat. Denn wenn alles ohne Selbst bzw. ichlos ist, dann würde ja am Ende meines Lebens meine völlige Zerstörung stehen.
Außerdem: Wenn alles wirklich OHNE Selbst ist, wer ist es dann, der erlöst werden soll? Wer ist es dann, der nicht mehr festhalten, sondern loslassen soll? Wer ist es dann, der sich BE¬FREIT von allem Vergängli¬chen? Wer ist es dann, der NIRVAVA erlangt? Wer ist es dann, der wiedergeboren wird, der sich Leben für Leben an die Welt klammert und in ihr wieder er¬scheint, es sei denn, er lässt los und er-langt NIRVANA? WER befreit sich denn da WOVON? Es ist dies in der Tat, wie einst ein berühmter Guru dem Buddha etwa tausend Jahre nach sei¬nem Tode vorwarf, eine NARRENLEHRE. Die Wahrheit ist jedoch ganz anders: Der Buddha lehrte niemals, dass alles ohne Selbst wäre, sondern dass alles (Er-kenn¬bare) NICHT das Selbst oder nicht DEIN Selbst ist und du dich darum davon lösen sollst, bis DU verbleibst, das Ewige, Todlose, jenseits aller Dauer Befindli¬che. OM.

383 v. Chr.
Hier werden die Wurzeln gelegt für die eigentümliche Auslegung der Anatta-Lehre des Gau¬tama Buddha in dem falsch verstandenen Sinne der Leugnung des eigentlichen Wesens au¬ßerhalb dessen, was ver-gänglich und sterblich am Menschen ist. Man übersetzte das Pali-Prä¬dikat anattan als „Ist nicht das Ich“ oder „Ist nicht das Selbst“, aber auch als „Ist ohne Selbst“ und „wesenlos“. „Ist ohne Selbst“ und „we-senlos“ sind je¬doch Fehlübersetzungen. Begrün¬dung:
a) eine sorgfältige philologische Interpretation der betreffenden Textstellen,
b) die Deutung attavirahata (ohne atman) kann nicht für den älte¬ren Buddhismus gelten, sondern ent¬stammt einer späteren Zeit, als atman Wesenhaftigkeit oder svabhava be¬deu¬tet. Anattan oder anatman würde dann in der Tat Wesenlosigkeit oder nihsvabhava be¬deuten.

Worte haben Macht. So ist es geschehen, dass aus „Nicht das Selbst“ oder „Nicht das Wesen“ WESEN-LOS wurde. Daraus zu schließen, dass es keine We¬senheit gibt, geht jedoch zu weit. Eine solche Lehre, welche die Existenz einer Wesen¬heit abstreitet, muss ja zur Verwirrung führen. Wenn es keine Wesenheit gibt, wer soll sich dann wovon befreien? Bei einer solchen konfusen Lehre ist es ein Wunder, dass es heutzutage überhaupt noch einen Buddhismus gibt. Nun verstehen wir auch Dr. Georg Grimm, wenn er schreibt: „Diese Geistesrichtung war je¬der wirklichen Meditation abträglich, und es lässt sich von ihr gar keine Brücke zu den Unbe¬grenzten, d. h. den Erweckungen von Güte zu allem, was da lebt und atmet, von Mitleiden mit al¬len gequälten Wesen, von Mitfreude und von heiligem Gleichmut herstellen.“ (Dr. Georg Grimm: Die Lehre des Buddho) Edward Conze sagt: „Die Meditation über die Skandhas löst das eigene Selbst wie das anderer Menschen in einen Haufen unpersönlicher, momentaner Skandhas auf. Sie reduziert unsere Menschlichkeit auf fünf Haufen oder Stücke und auf einen Namen. Wenn in der Welt nur Bündel von Skandhas bestünden, die kalt und unpersönlich wie Atome ohne Unterbrechung ständig zu¬grunde gingen, dann gäbe es nichts, worauf Freundlichkeit und Mitleiden sich beziehen könnten. Man kann einem Skandha nichts Gutes wün¬schen, wenn es, bevor man diesen Wunsch noch ausdrücken konnte, bereits vergangen ist; man kann auch für ein Skandha, sei es ein Gedankenobjekt oder ein Ge-sichtsorgan oder ein Tonbewusstsein, kein Mitleid empfinden. In den buddhistischen Kreisen, in denen die Methode der Dharmas in größerem Ausmaße geübt wurde als die der Unbegrenzten, führte sie zu ei-ner gewissen geistigen Vertrocknung, einer Entferntheit, ei¬nem Mangel an menschlicher Wärme...“ (Ed-ward Conze: Der Buddhismus. Wesen und Entwicklung. S. 121-122).
Selbstverständlich gibt es eine Wesenheit, einmal beladen mit der Last von Körper, Gefühl, Denken, Seele und Geist und einmal frei von ihr. Radhakrishnan schreibt darum, und man kann es gar nicht oft genug wie¬derholen: „Das NIRVANA ist kein Nichts, sondern nur eine Verneinung des Auf und Ab der Welt und die Rückkehr des Selbst in sich selbst. Die logische Folgerung daraus wäre, dass es etwas gibt, obwohl es nicht das empirische Selbst ist. Dies entspricht auch der Feststellung des Buddha, dass das Selbst weder dasselbe wie die Skandha noch etwas von ihnen völlig Verschiedenes ist. Es ist nicht ledig-lich eine Verbindung von Geist und Körper, noch ist es die von den Mängeln der Wandlung freie, ewige Substanz. Die Rede von der Last und ihrem Träger zeigt, dass die Skandha als die Last und Pudgala als der Träger verschiedene Wesen¬heiten sind. Wären sie identisch, brauchte man sie nicht zu unterscheiden. ‘O, ihr Mönche, ich bin dabei, euch die Last und ebenso den Träger der Last zu er­klären: Die fünf Skandhas sind die Last, und Pudgala ist der Träger der Last; wer da annimmt, es gebe keine Seele, ist ein Mensch mit unrichtigen Anschauungen.‘ Geboren werden heißt, die Last aufneh­men; sie niederlegen be-deutet, den Segen, das NIRVANA, zu erlan¬gen.“ (Radhakrishnan: Indische Philosophie 1, S. 329-330)
Der Grund, warum Buddha den Begriff atman als Selbst vermied, war auch fol¬gender: Zu Zeiten des Buddha verstand man unter atman die Einheit der Wesenheit mit Brahman‚ dem höchsten Selbst des Uni-ver¬sums. Doch gerade davon muss man sich ja lösen, um NIRVANA zu erlangen. Darum verwendet der Buddha für den Begriff der befreiten Wesenheit das Wort tathagata, jemand, der hinfort gegangen ist nach NIRVANA, frei von aller Last der Vergäng¬lichkeit. DAS ist das Selbst, die Wesenheit des Buddhas. Dieses Selbst spricht er an, diesen tathagata spricht er an in uns, wenn er sagt: „Löse dich von allem, was du nicht bist.“

Wegen dieser sich später mehr und mehr etablierenden Fehlinterpretation von „Ist NICHT mein (oder nicht dein) Selbst“ zu „Ist OHNE Selbst“ kommt es auf dem zweiten Konzil zu Vesali zur Spaltung des Ordens des Buddha in zwei Sekten, die Mahasanghikas (,‚Ist NICHT mein oder nicht dein Selbst“) und die Thera¬vadins (,‚Ist OHNE Selbst“).

245 v. Chr.
Der Mönch Mahinda, Sohn des Königs Asoka, bringt den Drei¬erkorb und die Erklärung des Sinnes (die er lieber hätte vergessen sollen) nach Ceylon, wo er beide aus dem Gedächtnis von Pali in die singhalesische Sprache übersetzt. Von keiner der beiden Originalversionen, weder von der Pali- noch von der singhalesi-schen Version, ist bis heute etwas erhalten geblie¬ben. Es ist zunächst einmal so, wie der Buddha es selbst kurz vor seinem Tode vorausgesagt hatte: „Nicht einmal 500 Jahre wird meine Lehre der Reinheit beste-hen.“ Die Dreier¬korbver¬sion wurde über zweihundert Jahre später (etwa 20 v. Chr.) unter König Vatta-gamini in Cey¬lon zum ersten Male niedergeschrieben.

500 n. Chr.
Die Atthakatha oder Maha-Atthakatha, also „Die Erklärung des Sinnes“, wird vom Mönch Buddhaghoso, der von Indien nach Ceylon übergesiedelt war, vorge­funden. Diese „Erklärung des Sinnes“, bereits vor-be¬lastet mit der falschen „Alles-ist-OHNE-Selbst“-Interpretation der Buddha-Lehre, wird von dem Mönch Buddhaghoso unter Hinzufügung seiner eigenen Interpretation von singhalesisch ins Indi­sche zu-rücküber¬setzt.
Diese Kommentarliteratur, die Atthakatha des Buddhaghoso, wird heute die Theravada-Inter¬pretation ge-nannt und ist in vielen Aspekten dem Dreierkorb entgegen gerichtet, entspricht also nicht mehr der Lehre des Dreierkorbes und damit nicht mehr der Lehre des Buddha. Dr. Georg Grimm schreibt, dass die The-ravada- oder Ältesten-Lehre den originalen „Dreierkorb“ der Reden, Ordensre¬geln und Scholastik des Buddha „wie ein mächtiges Schlinggewächs um¬rankt“ und ihm, so füge ich hinzu, fast den Atem nimmt. Nicht nur ver¬kündet die Theravada-Interpretation, dass alles ohne Selbst sei, sondern auch, dass – was ja dann nahezu lo¬gisch dar¬aus folgert – es kein Ich gäbe, welches reinkarniert oder wiedergeboren wird. Also Verwirrung auf der ganzen Linie.
Dabei ist die Wahrheit doch so einfach: Alles Erkennbare ist nicht dein Selbst. Also lass es los oder, wenn du das nicht kannst, dann verhalte dich wenigs¬tens so, dass du ein schönes nächstes Leben hast.
Das Prinzip der Reinkarnation wird in der Theravada-Kommentarliteratur völlig falsch er¬klärt. Dr. Georg Grimm schreibt, dass das Tragische an der Theravada-¬Interpretation ist, dass diese „dem Kerne der Lehre des Buddho nicht mehr gerecht wird“. Den Buddha bzw. seine Lehre hat also dasselbe Schicksal ereilt wie jede andere Religion. Man hat sie missinterpre¬tiert, verfälscht, verwässert. Wer die wahre ursprüngli-che Lehre des Buddha erfahren will, muss sie im Alt-Buddhismus suchen, wie gelehrt und erklärt in die-sem Buch und in Dr. Georg Grimms Die Lehre des Buddho. Es ist also hauptsächlich der später entstell¬ten Kommentarliteratur der Maha-Atthakatha zuzuschreiben, dass sich der Buddhismus mehr und mehr zer-splitterte bis hin zu dem, was sich heute so alles „Buddhismus“ nennt. Wer den Buddha daher von der Kommentarliteratur her beurteilt und nicht vom Dreierkorb, der erweist sich und dem Buddha einen schlechten Dienst.

Heute nennt man die ältere Pali-Kanon-Version der Lehre des Buddha gering¬schätzig „das kleine Ge-fährt“ oder Hinayanam und die Version, deren Ursprung etwa ins erste Jahrhundert nach Christi fällt, „das große Gefährt“ oder Mahayanam. Das Mahayanam lehrt ein zusätzli¬ches Bodhisattwa-Ideal, welches auch von Blavatsky gepriesen wird. Dieses Ideal besagt, dass man nicht eher NIRVANA erlangen soll, bis alle Lebe¬wesen erlöst sind. Dies scheint mir je¬doch eine Entschuldigung dafür zu sein, das Vergängli¬che, sei es nun im Himmel oder auf Er¬den, zu genießen, wenn möglich unter dem Privileg eines Heiligen. Au¬ßerdem erwähne ich bereits an anderer Stelle in diesem Buch, dass es unendlich viele Lebewesen gibt, sich je¬doch immer nur eine, wenn auch fast unzählbare, so doch endliche Anzahl davon in Mani¬festation bzw. Inkarna¬tion befindet, weshalb es darum auch ganz unmöglich ist, alle zu erlö¬sen und dann selbst NIRVANA zu er¬langen.
Das Bodhisattwa-Ideal ist eine meiner Ansicht nach missverstandene Entsa¬gungsthese, darum möchte ich jetzt im Detail auf diese Problematik eingehen. Das Herabziehen des Bodhisattwa-Ideals in den Bereich der Menschenwelt durch ein Immer-wieder-hier-geboren-werden bis alle Wesen erlöst sind, stellt eine Ab-wandlung späterer Mahayana-Schulen dar und hat nichts mit dem überweltlichen Bodhisattwa-Pfad in seiner eigentlichen Bedeutung zu tun. Diese Ver¬flachung hin zum weltlichen Immer-wieder-hier-geboren-werden hat vor allem in der westli¬chen Welt Fuß gefasst, wo man doch noch sehr an Personen und Din-gen hängt und sich der angeblich Heilige hier ein Seitentürchen offen halten will, um einerseits be¬haupten zu können, dass er den NIRVANA-Pfad beschreitet und andererseits noch die weltlichen oder himmli-schen Dinge genießen kann. Doch hier wie über¬all gilt der Volksmund: „Man kann nicht zwei Herren gleichzeitig dienen.“ Wenn man schon den Mittelpfad wählt, dann soll man dies be¬wusst tun und sich und anderen nichts vormachen. Dies sei allen Mahayana-Buddhisten hinter den Spiegel gesteckt, denn sie sind in Gefahr, sich mehr und mehr vom eigentlichen NACH INNEN FÜH¬RENDEN hohen Pfad eines WAHREN Buddhajüngers zu ent¬fernen. Wenn also ein SOGENANNTER Bodhisattwa nach Art und Weise des pranidhana gelobt, dass er ALLE Lebewesen retten will, egal wie viele es sind und wie viele Leben er dazu braucht, dann ist dies ziemlich anmaßend, denn: 1. Wer sagt denn, dass SEIN Weg zur Er-rettung aller Wesen führt, und 2. wer sagt denn, dass alle Wesen errettet werden WOLLEN bzw. NIR-VANA er¬langen wollen? Vielleicht ent¬scheiden sie sich für STÄNDIGE WIEDERGEBURT? Auch das ist ja möglich und sicherlich für die Mehr¬heit erwünscht.
Darum, lieber Leser: Ein WAHRER Lehrer und Erretter aller Wesen ist man dann, wenn man DIE LEHRE verkündet und ALLE MÖGLICHKEITEN anbietet. Dann soll doch der Schüler selbst entschei-den, was für ihn am besten ist. OM. Und so hat denn der große Zen-Meister Hui-Hai natürlich recht, wenn er sagt: „SELBST müssen sich die Wesen um die Erleuchtung bemühen, auch ein Erwachter kann sie nicht erlösen. WENN er es könnte oder wenn dem so wäre, dann müssten alle Wesen schon erlöst sein, denn es hat schon unzählige Buddhas gege¬ben.“ So ist es und so macht es auch Sinn. OM. Und so schreibt denn Dr. Georg Grimm auch ganz richtig: „So schien für den Buddha sein Problem, sich vom Leiden zu befreien, zum un¬ge¬heueren Problem anzuwachsen, mit sich die ganze Welt zu befreien und in den absolut an¬gemessenen Zu¬stand überzuführen. Aber DIESER Wille, die ganze Welt zu erlösen, konnte in ihm NICHT entstehen, weil er [und nun aufge¬merkt, liebe ‘Bodhisattwas‘; Lanoo] natürlich ohne weite¬res die absolute UNMÖG¬LICH¬KEIT eines solchen Unternehmens erkannte. Wohl aber blieb für den Buddha noch das Problem übrig, auch über den aus seinem grenzenlosen Mitleiden gebore¬nen glühenden Wunsch hinwegzukommen, alles Leiden in der Welt bis an die Grenzen des Möglichen zu vernichten. Und dieser Wunsch konnte, da er sich als be¬rech¬tigt darstellte, nur dadurch zum Schweigen gebracht werden, dass er tatsäch¬lich erfüllt wurde. [Der Wunsch eines Mahayana-Bodhisattwas, erst NIRVANA zu nehmen, wenn DIE GANZE WELT erlöst ist, wird jedoch VERHINDERN, dass er selbst jemals NIR¬VANA erlangt, denn die ganze Welt will vielleicht gar nicht er¬löst werden, womit auch der Wunsch eines solchen, eigentlich der Welt anhaften¬den Bodhisattwas immer und immer und immer wieder auffla-ckern wird und ihn von NIRVANA trennt, denn NIRVANA ist ja DIE ABWESENHEIT aller Wün¬sche. La¬noo.] Der Buddha erfüllte den Wunsch, das Leiden in der Welt bis an die Gren¬zen des Möglichen zu ver¬nichten, ja auch, indem er buchstäblich ‘unermessli¬che Güte gegen alles, was da lebt und atmet‘, Zeit sei¬nes Lebens betätigte [und natürlich, indem er die LEHRE dar¬legte; Lanoo].“
SO gesehen können auch wir Bodhisattwas sein und zum Wohl aller Wesen beitragen, WAS IRGEND IN UNSERER MACHT steht. Lieber Leser, aufgemerkt bitte, das WESENHAFTE, also DU, das ist nicht mit den Augen zu sehen noch mit den Ohren zu hören, das ist weder im Himmel, auf Erden oder in der Hölle, das ist JENSEITS der Welt ALLER Erscheinungen. DU bist, wenn irgendetwas, dann tief, uner-messlich, un¬ergründlich. Da musst du dich schon, und sei es nur in der Meditation, von allem Messbaren und Ergründba¬ren LÖSEN, alle Beilegun¬gen (also Körper, Gefühl, Denken, Seele und Geist) ABWER-FEN, dich NICHT mehr damit zu identifizieren, DANN verbleibst DU, das Nicht-Erkennbare, Merkmal-lose, Unaussprechli¬che, Todlose, Unerschaffene, Nicht-Gewordene, Nicht-Geborene. Kann es denn da verwun¬dern, dass sich die Welt einem SOLCHEN Ziel nur zö¬gernd, wenn überhaupt, zuwendet? Da ist die Masse schon lieber mit der zweiten Wahl zufrieden, die ist zwar vergänglich, aber zu¬mindest doch ETWAS.
EINE Zweigrichtung des Buddhismus, die sich mehr und mehr auf die wahre Lehre des Buddha besinnt, ist in gewisser Weise der Zen-Buddhismus, da, wo er sich vom Mahayana-Buddhismus hinweg entwi¬ckelt hat. Mehr und mehr Zen¬-Meister erkennen endlich, was der Buddha WIRKLICH gelehrt hat, näm¬lich, was das Ich NICHT ist und NICHT etwa, dass es kein Ich oder keine zu erlösende We¬senheit gibt. So schreibt denn die Tochter von Dr. Georg Grimm, M. Keller-Grimm, in ihrem schönen Gedicht:

„Wenn in Samadhi Geist und Körper nur noch Hüllen sind,
dann ist das Ewige dir nah –
in Bodhicitta wird es zum Erlebnis,
zum Sonnenleuchten des Tathagata!“

Hinzuzufügen wäre noch, dass der Zustand der Erleuchtung sogar ein physi¬scher ist und NICHT nur ein geistiger. Wenn Kundalini das Gehirn von innen er¬füllt, DANN strahlt der Erleuchtete, welches früher dazu führte, dass sich ERLEUCHTETE im Dunkeln trafen und die Nacht mit ihrem eigenen Schein er-füllten. Wer es zu fassen vermag, der fasse es.
Liebe Freunde, ein SUBSTANZIELLES Ich gibt es natürlich NICHT, weil ja der ERLÖSTE alle Sub-stanz abgestreift, sich von ihr gelöst, sein Verlangen nach ihr ÜBERWUNDEN hat. Darum kann und wird er ja auch nicht mehr in der Welt der Substanz verweilen, und sei es gar in den höchsten feingeis-tigsten Himmeln, denn auch die oder auch IN denen existieren ja We¬sen, die alle Substanz AUßER der geistigen abgestreift, sich davon gelöst haben. OM. Das GENIALE an der Lehre des Buddha ist, dass JEDER sofort da anfangen kann, wo er ist oder er¬kennt. Der Idiot sowie das Genie sind ja BEIDE von NIRVANA getrennt, der eine durch seinen entstellten und der andere durch seinen hoch entwickelten Mentalkör¬per. BEIDE kön¬nen nun damit beginnen, sich von ihrem Zustand der Unwissenheit zu trennen, und zwar Schritt für Schritt, und ich wage zu behaupten, dass es sehr gut möglich ist, dass der Idiot EHER NIRVANA erlangt als das Genie, denn die EINFACHHEIT der Lehre des Buddha ist oft ein Hin¬dernis für den, der kompli¬zierte Gedanken¬abläufe gewohnt ist.

Wer also die wahre Lehre des Buddha studieren, leben und dann auch verkün¬den will, der halte sich an die Urtexte des Tipitakam, des Dreierkorbes, von diesem speziell an das Sutta¬pitakam, den Korb der Lehrreden, und meide die Kommentarliteratur.
Es kann natürlich sein, dass sich auch in den Dreierkorb Interpretationen hineingeschmuggelt haben, die nicht im Detail genau die ursprüngliche Lehre des Buddha widerspiegeln. In einem solchen Falle muss der Leser gesunden Menschenverstand walten lassen, dann wird die über¬wiegende Richtigkeit des Origi¬nals die kleinen Lücken einer möglichen ungenauen Interpre¬tation schließen. Zu diesem und keinem an¬deren Zweck wurde dieser Lehrgang, aber auch das Buch von Dr. Georg Grimm Die Lehre des Buddho geschrieben.

Um 820 n. Chr.
Der Schaden ist perfekt. Shankara, der große vedische Kommentator, der nur den KOM¬MENTAR-Budd-hismus kannte, nennt den Buddha einen „alten Schwät¬zer“. Nun, jemand, der verkündet „Alles ist OHNE Selbst“ und dass man sich darum von allem befreien sollte, ohne zu erklären, wer denn nun derjenige sein soll, der sich befreit, der kann in der Tat als Schwät¬zer bezeichnet werden. Eine solche Lehre ist eine Nar-renlehre und macht wirklich keinen Sinn. Nur: Der Buddha hat dies nie verkündet. Buddha sagte einfach: „Alles (Erkennbare) ist nicht DEIN Selbst. Lass alles los (keine Rechtschreibvorschläge)."

820 bis 1000 n. Chr.
Die Lehre des Buddha verschwindet völlig aus Indien.

1000 bis 1868 n. Chr.
Die Lehre des Buddha schlingert so dahin. „Alles ist OHNE Selbst“ anstatt „Alles Erkennbare ist nicht das Selbst“ schreckt sogar die meisten Buddhisten ab. So ergehen sich viele „Budd¬histen“ in den toll-kühnsten Definitionen darüber, was NIRVANA ist. Für manche ist es die Freude schlechthin, für andere das Ende al¬ler Schmerzen, für andere wieder der Höhepunkt beim Orgasmus.

Es ist geradezu erstaunlich, wie sehr der Buddha oft auch von großen Denkern missverstan­den wird und wurde. Der beste Beweis dafür ist die ansonsten hervorra­gende Abhandlung ei­nes Theologen über Buddhis­mus, in der er jedoch gegen Ende der Abhandlung verkündete, der Buddha oder Buddhismus hätte die Ich-Lo­sigkeit oder gar die Zerstörung des Ich zum Ziel. NIEMALS hat der Buddha dies gelehrt, sondern eben nur die FREIHEIT von allem, was das Ich NICHT ist. Der Buddhis­mus hat nicht die Ich-Losigkeit zum Ziel, son­dern die Ich-bin-die­ses-oder-jenes-Lo­sigkeit. Der Buddhismus hat die BE¬FREIUNG DES ICH von allem, was es nicht ist, zum Ziel und nicht dessen Zerstörung. Das Ich ist die einzige Realität in dem Meer der ver­gänglichen Illusion. Da man jedoch nicht sagen kann, was das Ich ist (da das Ich selbst das ist, welches er­kennt und darum selbst gar nicht erkannt wer­den kann), sondern sich nur von allem Erkannten bzw. Erkenn­baren lösen bzw. befreien kann, darum ist eine Bestimmung des Ich durch irgendwelche Begriffe eben nicht möglich, sondern nur eine BEFREIUNG von allem, was das Ich NICHT ist. Was verbleibt, ist natürlich dann das Ich oder Selbst oder das überle­bende Prinzip, die WESENHEIT, oder wie auch immer man es be­nennen mag, auf je­den Fall FREI von allen Beile¬gungen, von aller Bestimmung und Bezeichnung. Es ist auch aus diesem Grunde, dass ich das Ich eines anderen Wesens nicht erken­nen kann, weil unser beider Er­kennungspunkt, der des anderen Wesens Ich und der meines Ichs, IM SELBEN AL­LEN WESEN EIGENEN ZENTRALPUNKT gelagert ist. Das Einzige, das ich WEIß, ist, dass auch jedes andere Wesen dieses UN­BENENNBARE Ich IST. Darum bzw. dieser Er­kenntnis folgend, muss ich ALLEN Wesen Respekt und Mitgefühl erweisen, denn auch sie sind ja alle nur Ausdrucksformen ihrer eigenen unerkennbaren und unbe­nennbaren, jede Be­zeich­nung sprengenden Größe und Großartigkeit. DIES ist es, was alle Wesen verbindet, und nicht der augenblickli¬che Zustand ihrer Unwissenheit bzw. ihres Durstes nach Manifestation, hinweg von dem, was sie wirklich sind bzw. was verbleibt, nachdem sie sich gelöst haben von dem, was sie NICHT SIND. OM. Wer es zu fassen vermag, der fasse es.

Der Grund dafür, warum die ursprüngliche Lehre des Buddha zu dem entartete, was sich heute so alles „Buddhismus“ nennt, ist einfach folgender: Der Buddha lehrte, dass das wahre Wesen des Menschen jen-seits aller Sinnesfunktionen liegt. Darauf aber, eben auf diese Sin¬nesfunktionen, wollen die meisten Men-schen nicht verzichten und so erfanden und erfinden sie eine „Kommentarliteratur“, welche den Kern der Buddha-Lehre so weit als möglich zu umgehen sucht, nach dem Motto „Man kann zwei Herren dienen“. Dies kann man aber nicht.

Wie erklärt sich aber nun die falsche Theravada-Interpretation der Anatta-Lehre des Buddha? MAN KANN ES GAR NICHT OFT GENUG WIEDERHOLEN: Der Fehler liegt in den Pali-Schriften, die zu¬nächst das Prädikat „anattan“ völlig richtig als „Ist nicht das Ich“ oder „Ist nicht das Selbst“, es dann aber auch als „Ist ohne Selbst“ und „wesenlos“ interpretieren. Des Weiteren: Die Deutung attavirahata oder „ohne atman“ gilt nicht für den älteren Buddhismus, sondern stammt aus einer Zeit, wo sich die Fehlinterpretation bereits ein¬geschlichen bzw. ma¬nifestiert hatte, aber auch aus folgendem Grunde: Das Pali attan oder das Sanskrit at¬man be¬deutete Wesenhaftigkeit oder auch svabhava, also übersetzte man an-attan oder NICHT-SELBST als wesenlos. Das kleine Missverständnis weitete sich zum Berg des Irr¬tums aus und führte schließlich zu der Behauptung, dass der Buddha gelehrt hatte, es gäbe kein Selbst. Wenn es kein Selbst gibt, wer ist es denn, der sich mit dem, was das Selbst NICHT ist, identi¬fiziert, wer ist es denn, der, dem Rate des Buddha fol¬gend, alles loslässt, was das Selbst nicht ist? Wer ist es denn, der meditiert, bis alles, was das Selbst nicht ist, von ihm abgefallen ist und er NIRVANA erlangt? Über die Skandhas, über das, was das Selbst NICHT ist, zu medi¬tieren, das macht doch wohl keinen Sinn. Me-ditation ist eine sehr effektive Methode, die Skand¬has loszulassen. Darum hat ja auch der Buddha immer wieder verkündet: „Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.“ Wer kann denn da noch her¬aushören oder hineininterpretieren „Es gibt kein Selbst“? Wer so denkt, wird nie NIRVANA er-langen, sondern immer nur auf irgendeiner der unteren Ebe¬nen her¬umkrebsen. Die Botschaft des Buddha war klar: „Lass alles los, was das Selbst NICHT ist, und er¬lange NIRVANA!“ Dies ist so einfach ersicht-lich, verständlich und auch praktizierbar, dass selbst ein KUHHIRTE zu Buddhas Zeiten Erleuchtung fand. Es ist doch nur wegen der späteren, immer mehr an Kör¬per, Gefühl, Denken, Seele und Geist klammernden Menschen, dass sie die Lehre des Buddha nicht ver¬stan¬den bzw. sie verwässerten. Oh, Le-ser, lass alles los, was das Selbst NICHT ist. Was ist das Selbst nicht? Körper, Gefühl, Denken, Seele und Geist bzw. alles für mich Wahr¬nehmbare, alles vor und an mir Entste¬hende und Vergehende ist nicht mein Selbst. Wer sich von alledem löst, der, so spricht der Buddha, „verharrt unangelehnt und an nichts in der Welt haftet er (anissito ca viharati, na ca kinci loke upadiyati)“. Wer, so frage ich, ist es denn, der „unangelehnt verharrt“? Doch wohl der, welcher zunächst anlehnt oder anhaftet an anatta bzw. an alles, was er nicht ist oder war, und der sich nun davon gelöst hat, nicht mehr daran haftet, sich nicht mehr da-ran lehnt, also UNANGELEHNT ist bzw. verharrt. Wer kann denn da noch herauslesen, dass der Buddha lehrte, es gäbe kein Selbst? Doch wohl nur jemand, der die Lehre des Buddha nicht ver¬steht. Sar¬vapalli Radhakrishnan schreibt in Indische Philoso¬phie, Bd. 1: „Das NIRVANA ist kein Nichts, sondern nur eine Verneinung des Auf und Ab der Welt und die Rückkehr des Selbst in sich selbst. Die logi¬sche Folgerung daraus wäre, dass es etwas gibt... Dies entspricht auch der Feststellung des Buddha, dass das Selbst weder das¬selbe wie die Skandha, noch etwas von ihnen völlig Verschiedenes ist...
Die [Buddhas] Rede von der Last und ihrem Träger zeigt, dass die Skandhas [Körper, Gefühl, Denken, Seele und Geist. Lanoo] als die Last und Pudgala als der Träger verschiedene We¬senheiten sind. Wären sie iden¬tisch, brauchte man sie nicht zu unterscheiden.“
Und dann zitiert der große Radhakrishnan den Buddha: „‘O ihr Mönche, ich bin dabei, euch die Last und ebenso den Träger der Last zu erklären: Die fünf Skandhas sind die Last, und Pudgala ist der Träger der Last ...‘ (Sam. Nik. XXII, 22) Geboren werden heißt, die Last aufnehmen; sie niederlegen bedeutet, den Segen, das NIRVANA zu erlangen.“ Es gibt also ganz klar und eindeutig eine endgültige Wirklichkeit sowie etwas in uns, welches diese endgültige Wirklichkeit berührt, ja WIRD bzw. IST. Der Buddha er-wähnt Hunderte von Male das Ich bzw. das Selbst: „Nicht bin ich irgendwo, bei irgendwem, in irgendet-was“ (Majj. Nik., 106. Sutt.) oder „Da nun das Ich, ihr Mönche, nicht zu finden ist (anupalabhamane)...“ (Majj. Nik., 22. Sutt.). – (Wenn man etwas nicht findet, muss dies doch nicht auch zugleich bedeuten, dass es das nicht zu Findende gar nicht gibt! Es ist nur nicht aufzufinden.) – Oder: „Das ist die wahre At-man-(ICH-)Lehre, der wahre Atta-vada“ (cfr. Sam. Nik. XLV, 4) etc. So schreibt denn der Indologe Dr. Karl Seidenstücker in PALI-BUDDHISMUS: „Auch er (der Buddha) hat den Atman (das Ich, das Selbst) ge¬sucht, [...] (aber) auf dem indirekten Wege, indem er vom Atta alles, was nicht der Atta ist, abson¬derte.“
Und was ist der Atta oder das Ich NICHT? Das Ich oder das Selbst ist NICHT der Körper, das Denken, das Gefühl, die Seele und der Geist. Alles Wahrnehmbare und Erkennbare bist du NICHT. Lass all diese NICHT-ICHS los und du wirst NIRVANA erlangen.
Im Majj. Nik., 38. Suttam bezieht sich der Buddha sogar direkt auf das Selbst: „Was meinst du nun, Udayi, zu einer Zeit da man sich des Tötens enthält, sich des Nehmens des Nicht-Gegebenen enthält, sich des üblen Wandels hinsichtlich der Sinnenlüste enthält, sich falscher Rede enthält und noch andere As-ketenpflicht auf sich genommen hat, ist das Selbst zu einer solchen Zeit durchaus glücklich oder glücklich und leidvoll?“
In Chandogya-Upanishad heißt es: „Das Selbst, das sündlose, frei von Alter, frei vom Tode, frei vom Lei-den, ohne Hunger und ohne Durst, das sollte man zu erken¬nen suchen.“
Der Buddha fragt in Mahavaggo I, 14: „Was ist wohl besser, ihr Jünglinge, wenn ihr das Weib sucht oder wenn ihr euer Ich (SELBST) sucht?“
An anderer Stelle (Samyutta Nikaya XXII, 59) verkündet der Buddha: „Der Körper, ihr Jün¬ger, ist nicht das Selbst; wäre nämlich, ihr Jünger, der Körper das Selbst, so wäre er nicht der Krankheit unterworfen und man könnte von ihm sagen: ‘Mein Körper soll so und so sein; mein Körper soll nicht so und so sein.‘ Da nun aber, ihr Jünger, der Körper nicht das Selbst ist, so ist er der Krankheit unterworfen und man kann von ihm nicht sagen: ‘Mein Körper soll so sein und so sein; mein Körper soll nicht so sein und so sein.‘“
„Nach auswärts bohrte die Höhlungen der An-sich-Seiende (= das wahre Selbst): Darum sieht man nach au¬ßen, nicht aber im innern Selbst.“ (Kathaka-Upa¬nishad 4, 1.) Buddha selbst be¬schreibt in Samyutta Ni-kaya XLV, 4: „Ein Wirken, das dem Selbst angemessen ist.“ Von sich selber erklärt der Meister: „Mit dem Mönchsgewande bekleidet, wandere ich als ein Heimlo¬ser, mit völlig erloschenem Selbst, ohne mich von der Menschen Gier beschmutzen zu las¬sen.“ (Suttanipata, V. 455-456.) Erloschen ist also nur das, was das Selbst verunreinigt und es beschmutzt.
In Dhammapada, V. 226 lesen wir: „Wenn du die Unreinheit austreibst, wirst du, frei von al¬lem Schmutz, ins wunderbare, ins erlesene Land – Nibbana – gelan¬gen.“
Wer ist denn derjenige, dieses du? Antwort: Das Selbst natürlich. In der Länge¬ren Sammlung I, 36 finden wir, dass ein Erhabener nicht mehr brennt, „er hat das Glück in sich selbst gefun¬den“. Der Buddha selbst er¬klärt: „Ich habe mit meinen Gedanken die ganze Welt durchwan¬dert, aber ich habe nichts gefunden, was ei¬nem lieber wäre, als das eigene Selbst.“ (Udana, V. 1) Das Dhammapada rät: „Ist das eigene Selbst dir teuer, halte es in guter Hut.“ Das Man¬gala-Sutta preist „rechtes Streben des Selbstes“.
Und was erhält man als Belohnung? Der Buddha verkündet es uns in Angutta Nikaya XI, 16: „1. Man schläft glücklich, 2. man erwacht glücklich, 3. man hat keine schlechten Träume, 4. man ist den Men¬schen lieb, 5. man ist den nicht-menschlichen Wesen lieb, 6. die Götter be¬schützen einen, 7. weder Feuer, noch Gift, noch Waffen tun einem Etwas an, 8. das Gemüt wird sogleich heiter, 9. das Antlitz erscheint ruhig, 10. man stirbt leicht und klaren Geistes, 11. und wenn man nicht zum Zustande höchsten Heiles vordringt, so er¬scheint man nach dem Tode in einer hohen Himmelswelt.“
Im Udana heißt es: „Diese von Gluten erfüllte Welt erklärt die Krankheit für das Selbst.“ – „Macht das SELBST zur Insel, macht das SELBST zur Zuflucht!“ (Län¬gere Sammlung, 16. Rede)
Wenn es das Selbst oder ein überlebendes Prinzip nicht geben soll, wer ist es denn, den der Buddha in Udana, V. 5 beschreibt als „... (das) große Wesen: Den in den Strom Eingetretenen und den auf dem Wege zur Frucht des Stromeintrittes Befindlichen, den Einmal-Wiederkehrenden und den auf dem Wege zur Frucht der Einmal-Wiederkehr Befindlichen, den Nie-Wiederkehrenden und den auf dem Wege zur Frucht der Nie-Wiederkehr-Befindlichen, den Heiligen und den auf dem Wege zur Frucht der Heiligkeit Befindlichen.“
Die Existenz des Selbst wird auch bestätigt in der Mittleren Sammlung der 51. Rede: „Er verweilt mit heilig gewordenem Selbst.“ (brahmabhutena attana viharati.)

Wir sehen also, lieber Leser, dass es eigentlich ZWEI 'Selbste' gibt: EIN SELBST, welches durch Identifi-zierung mit den vergänglichen Gruppen entsteht, – man sagt also: ICH bin der Körper etc. (ob¬wohl man doch nur einen Körper HAT) – und dann gibt es ein TODLOSES, unerschaffenes, zeitlos ewig bestehendes Selbst, welches sich, getrieben von UNWISSEN¬HEIT und Verlangen, an das vergängliche Selbst klammert, sich mit ihm identifiziert.
WELCHES Selbst willst DU sein, lieber Leser? – Die Entscheidung liegt bei dir. :)

LANOO (Christian Anders): http://www.christiananders.com

(Lektoriert von Dr. Bernd A. Weil: http://www.bweil.de)
MÖGEN ALLE WESEN GLÜCKLICH SEIN! MÖGE IHNEN NUR GUTES WIDERFAHREN!
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